Rassehunde!
Sackgasse?
Wo geht die Entwiklung hin!!!!
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„Designer-Dogs“

Wendepunkt in der Hundzucht?

Das Bild der Hundezucht könnte sich wesentlich ändern. In den angelsächsischen Ländern boomt die „geplante Mischlingszucht“. Die einen wollen durch Ausnutzung der Heterosis (= Kreuzungsvitalität, bessere Gesundheit und Lebensstärke. Tritt in der Nachzucht auf, wenn Tiere mit geringem Verwandtschaftsgrad gepaart werden, z. B. verschiedene Rassen, aber auch ingezüchtete Linien oder durch viele Generationen nicht verwandte Tiere einer Rasse. Die Wirkung hängt vom Ausmaß der genetischen Verschiedenheit ab.) bei Rassenkreuzungen Gesundheit und vielfach auch Leistungsfähigkeit steigern, die anderen wollen neue Rassen züchten, „maßgeschneidert“ für die modernen Anforderungen im Gebrauch, Sport und als Heimtiere (sogenannte „Designer-Rassen“).

In westlichen Ländern besteht heute die Hundepopulation vorwiegend aus Rassehunden und den meist unbeabsichtigt entstandenen, nur selten bewusst gezüchteten Mischlingen. Letztere werden oft abschätzig beurteilt und leider nicht selten dementsprechend behandelt, während erstere eher des öfteren an übermäßiger Vermenschlichung, Überpflege und leider auch Zuchtfehlern leiden. Dessen ungeachtet haben auch die Mischlinge viele Anhänger, die ihnen bessere Gesundheit und höhere Intelligenz nachrühmen. Zumindest die bessere Gesundheit ist auch durch die überwiegende Mehrzahl der diesbezüglichen Studien bestätigt und beruht von vornherein auf genetischen Grundgesetzlichkeiten (der sogenannten Heterosis). Sie kommt dem natürlichen Gesundheitsniveau wilder Tierarten näher, welches in der Natur durch instinktive Inzuchtvermeidung und die harte natürliche Selektion erhalten bleibt.

Diese „Zweiklassengesellschaft“ schien seit Jahrhunderten und ganz besonders seit die systematische Registrierung in Zuchtbüchern den gehobenen Status des Rassehundes vor etwa 150 Jahren institutionalisierte, für die Ewigkeit geschaffen und unabänderlich zu sein. Eine Ausnahme bildeten und bilden nur bestimmte Gebrauchskreuzungen, wie die Lurcher in England. Das sind Bastarde zwischen Windhunden und (meist) Collies, die als bewährte Jagdhunde verwendet werden. Doch plötzlich drängt sich eine dritte Kategorie dazwischen.

Designer-Mischlinge – wie Bastarde „salonfähig“ werden!

Die geringen Kenntnisse in der Genetik zu Beginn der systematischen Rassehundezucht, aber auch einige unvermeidliche Faktoren wie genetische Engpässe durch Notzeiten, brachten es sich mit sich, dass drei Gefahren den Rassehund mehr und mehr bedrohten: 1. Der „Rüdenkult“, 2. die geringe Anzahl Stammtiere und 3. die Inzucht. Dazu kommt noch eine meist unzureichende Selektion auf Gesundheit und Wesen. Die langfristigen Folgen des Prinzips der Paarung nur der allerbesten Hunde führte zum verhängnisvollen „Kult“ um hochprämierte Deckrüden und zur Bildung von Rassen mit zu wenigen Stammtieren – ein „genetischer Flaschenhals“. Manche Rassen stammen nur von einer Handvoll Hunden ab und haben daher nur eine gefährlich geringe genetische Breite, ebenso die seltenen Rassen. Die berühmten Deckrüden verbreiteten ihre unvermeidlichen Defektgene in der Rasse. Inzucht, sei es als Linien- oder Inzestzucht, wurde intensiv betrieben. Dadurch erreichte man oft gute Resultate in der Vereinheitlichung der Rassen, doch gleichzeitig nahmen Inzuchtdepression und Erbkrankheiten bedenklich zu, die Lebensdauer und Vitalität aber droht abzusinken. Nun scheint sich da ein neues Szenario abzukündigen: Der gesundheitliche Niedergang durch Erbkrankheiten und Inzuchtdepression beim Rassehund.

„Labradoodle“: Sagenhafte Karriere eines Mischlings

Ein Blindenführhundeunternehmen in Melbourne, Australien, versuchte 1970 durch Kreuzung von Labrador Retrievern mit Großpudeln Hunde zu züchten, die keinen Haarwechsel aufweisen und daher keine oder nur milde Allergien hervorrufen könnten. Die erhofften Resultate wurden zwar nicht eindeutig erzielt, doch andere Züchter nahmen sich dessen an, und so entstand der „Labradoodle“ (= Labrador x Pudel, engl. poodle). Dem Unternehmen war zunächst lange kein durchschlagender Erfolg beschieden, obwohl sich diese Kreuzungen als Blindenführhunde gut eigneten, doch seit einem Jahrzehnt nimmt die Zucht dieser Tiere in Australien und Nordamerika einen unwahrscheinlichen Aufschwung. Es gibt u.a. zwei so genannte Zucht- und Forschungszentren in Australien, je zwei Registraturen in USA und Australien, ähnlich Kynologenverbänden, von denen eine, die International Labradoodle Association (ILA), bereits in England und Holland Fuß gefasst hat.

Zuchtbestrebungen beim „Labradoodle“

Bei den derzeitigen Zuchtbestrebungen scheint die Erzielung eines einheitlichen für Allergiker „sicheren“ Hundes die Hauptsache zu sein. Dementsprechend gibt es ein Sammelsurium von „Labradoodles“: Solche erster Generation F1, auf Pudel rückgekreuzte (3/4 Pudel), sowie solche durch mehrere Generationen nachgezüchtete, oft mit einer weiteren Pudelkreuzung zwischendurch. Man versucht dabei, Hunde ohne Haarwechsel (wie beim Pudel) mit Wesenszügen des Labradors zu erzielen. Die Kreuzungsvitalität jedoch geht bei reiner Zucht wieder mehr oder weniger verloren. Wer also einen solchen Hund will, der Kreuzungsvitalität aufweist und nicht haart, sollte ein F1-Tier aussuchen.

Der Aufschwung der Zucht dieses Hundes und auch anderer Kreuzungen ist so enorm, dass von manchen schon von der „erfolgreichsten Rasse aller Zeiten“ gesprochen wird. Allerdings ist dies beileibe (noch?) keine Rasse, sondern eigentlich ein ganz gewöhnlicher Bastard wie alle anderen auch, die eben „passieren“. Dennoch werden dafür in den USA manchmal bis 2000 $ bezahlt, denn die Nachfrage schlägt alle Rekorde. Ein qualitativer Unterschied zum „gewöhnlichen“ Mischling kann aber dann – und nur dann – entstehen, wenn die Elterntiere entsprechend selektiert, getestet und dem Käufer mit den Pedigrees nachgewiesen werden.

Unglaubliche Welpenpreise

Was also macht den Reiz des Labradoodle aus, dass Traumpreise für einen Bastard verlangt und bezahlt werden? Nun, zunächst ist es eine Mode, die aber noch lange nicht auf dem Höhepunkt zu sein scheint. So boten Eltern schon Höchstpreise, weil ihr Töchterchen partout die Erste in der Klasse sein wollte, die so einen süßen Hund besitzt, von dem alle reden. Auch der lustige, vor allem Kinder ansprechende Namen dürfte eine Rolle spielen, klingt er doch nach einer Märchen- oder Comicfigur. Jennifer Conell aus Missouri erzählt, dass dort derzeit eine größere Nachfrage nach Kreuzungen als nach Rassehunden bestünde. Und der Redakteur eines Hundemagazins in Kalifornien schreibt, dass die Leute Etikettierungen lieben. So seien sie mit einem Hund, der halb Cocker Spaniel, halb Pudel ist, nicht zufrieden. Nein, er muss „Cockapoo“ heißen. Für solche Hunde bezahlt man dann auch 2000 $ gegenüber 125 $, wenn man ihn sich aus dem Tierheim holt. Es ist also eine vordergründig kaum verständliche Mode, und als solche vergeht sie vielleicht wieder, doch etwas davon dürfte bleiben.

Nüchtern betrachtet, vereinigt diese Züchtung (und manch andere neue Kreuzungen, die ständig auftauchen) die bessere Gesundheit, Langlebigkeit und Kreuzungsvitalität des Mischlings mit einer gewissen Einheitlichkeit der Eigenschaften wie Aussehen, Größe und Wesen, ähnlich einer Hunderasse, im Gegensatz zu den sonst erhältlichen Mischungen. So könnte es jedenfalls bei kundiger und sorgfältiger Züchtung sein.

„Designer-Kreuzungen“: Quo vadis?

Diese Kreuzungszuchten erfüllen verschiedene menschliche Bedürfnisse wie den Wunsch nach Veränderung, das Streben nach Neuem, den Drang aufzufallen und anzugeben. Und bei den Züchtern geht es vorrangig zum Experimentierfreude. Die vielen Menschen, die mit Rassehunden Gesundheitsprobleme erlebt haben, können mit solchen Kreuzungen wirksam angesprochen werden (obwohl es natürlich auch hier keine Garantie auf Gesundheit geben kann!). Der weitere Erfolg oder Misserfolg der gezielten Kreuzungen wird einerseits von der Qualität der Zucht abhängen, und andererseits davon, ob viele daraus eine „reine“ – anerkannte – Rasse schaffen wollen. Es ist anzunehmen, dass beides geschehen wird.

Die Nachkommen einer Kreuzungspaarung in erster Generation sehen ja einander sehr ähnlich. Züchtet man aber damit weiter, bekommt man ein heilloses Durcheinander aller möglichen Kombinationen von Eigenschaften der Kreuzungsrassen, entsprechend der genetischen Aufspaltungsregel nach Mendel. Das gilt sogar für Wolf-Hund-Kreuzungen! Im Institut für Haustierforschung der Universität Kiel sah ich vor Jahren die berühmt gewordenen Puwos (Pudelwölfe) erster und zweiter Generation, F1 und F2: Erstere sahen gleichartig aus (alle schwarz, stehohrig, mittellanghaarig, schäferhundähnlich), ohne auffallende Verhaltensunterschiede. In der F2-Gruppe aber waren nach dem Äußeren sozusagen „alle Rassen“ vertreten („Schäfer“, „Komondorok“, „Riesenschnauzer“, „Dobermänner“), ein Teil geriet bei meiner Annäherung sofort in größte Panik, einige Geschwister aber kamen schweifwedelnd zum Gitter gerannt … Es war ein höchst eindrucksvoller Anschauungsunterricht in Mendelscher Genetik, sogar beim Wesen.

Kreuzungsvitalität nur in erster Generation

Man erhält also in erster Generation sofort eine ziemlich einheitliche Nachkommenschaft bei jeder einzelnen Kreuzung, die aber von den Nachkommen eines anderen Paares derselben Rassenkombination etwas abweichen kann. Der Labradoodle erster Generation ist also auf einen Schlag – mit der ursprünglichen Kreuzung – ein einigermaßen einheitliches Zuchtprodukt, ohne lange Generationen der Selektion, ohne jede schädliche Inzucht und deren Folgen, und daher – mit entsprechendem Vorbehalt – gesünder. Mit Vorbehalt deswegen, weil es auch hier grundsätzlich von der Gesundheit der Eltern abhängt, aber im Durchschnitt treten eben weniger Erbkrankheiten und jedenfalls keine Inzuchtdepression auf.

Die Kreuzungsvitalität und Gesundheit gilt aber im höchsten Grad eben nur in erster Generation. Eine Rasse entsteht nur, wenn man intensiv in-züchtet und selektiert! Aus dem Labradoodle eine neue Rasse zu machen, also ihn weiter zu züchten, ist daher so gesehen wenig sinnvoll, ja, könnte dessen weiterem Aufstieg nur schaden. Denn eine neue Rasse ohne den großen Vorteil der Kreuzungsvitalität verlöre auf die Dauer viel von ihrer Attraktivität.

„Designer-Kreuzungen“ meist Pudelmischlinge, aber nicht nur

Andere bekanntere Kreuzungen sind der Cockapoo (Cocker Spaniel x Pudel), Spanador (Spaniel x Labrador) und der Schnoodle (Schnauzer x Pudel). Der neueste Trend sind kleine Kreuzungen auf Basis Malteser, Shi-tzu, Zwergspitz und Jack Russell Terrier, immer mit Pudel-Partner. Manche Züchter reiner Rassen in Übersee sind auf diesen Zug aufgesprungen und bieten nun solche „Designer-Kreuzungen“ an. Die meisten dieser neuen Kreuzungen sind Pudelmischlinge, wohl wegen des angeblichen Antiallergieeffektes.

Folgenreiches Versäumnis – nun eine neue Chance?

Das Aufkommen der gezielten Mischlingszucht war vielleicht nicht zu vermeiden, aber zumindest zum Teil dem Versagen der Rassehundezucht selbst zuzuschreiben, die Zunahme von Erbkrankheiten und Inzuchtdepression wirksam zu verhindern. Bereits 1986 warnten Prof. Schleger und Prof. Stur (jetzt Prof. Dr. Sommerfeld-Stur) in ihrem bahnbrechenden Buch „Hundezucht in Theorie und Praxis“ nachdrücklich vor den Folgen der Inzucht, der übermäßigen Verwendung von einzelnen Deckrüden und überhaupt der Nichtbeachtung der Populationsgenetik in der Hundezucht. Es wäre durchaus möglich, Rassehunde zu züchten, die gesundheitlich Mischlingen sogar überlegen sind. Das würde allerdings Planung, Disziplin und Zusammenarbeit in den Rasseklubs erfordern, sowie Verzicht auf die totale „züchterische Freiheit“. Diese ist nämlich in Wahrheit eine Ausbeutung der Rasse, die ein Gemeingut darstellt. Aber: Würden die Welpenkäufer auf Rassewelpen mit ausreichender Heterosis bestehen (solche würde man allerdings innerhalb vieler Rassen ohne Einkreuzungen erst in acht bis zehn Jahren erzielen können, in seltenen Fällen nur durch niedrig dosierte Einkreuzungen), wäre die Daseinsberechtigung der gezielten Mischlingszucht auf ein gesundes geringes Maß eingebremst. Vielleicht führt so das Erscheinen der „Edelmischlinge“ reaktiv zu einer positiven Erneuerung der Hundezucht!

Voraussetzung gesunder Rassehunde

Was sind die Voraussetzungen für gesündere Rassehunde? Abgesehen von den notwendigen Tests bezüglich Erbkrankheiten sind dies

  1. die strenge Einhaltung und Erreichung niedriger Inzuchtkoeffizienten der geplanten Würfe,
  2. die Begrenzung der Deckverwendung,
  3. außerdem wäre bei Rassen mit großen Populationen an die Bildung einer ausgezüchteten Kernpopulation zu denken und
  4. die ausreichende Erhöhung der Anzahl eingesetzter Deckrüden.

Es kann nicht mehr angehen, dass einzelne Rüden durch einen zu häufigen und Generationen übergreifenden Einsatz das Inzuchtpotential erhöhen und – wenn auch unbeabsichtigt – gesundheitliche Probleme in den Rassen konzentrieren und verstärken. Um einen unbedingt erforderlichen größeren Genpool zu erreichen, sind unsere Züchter künftig gefordert, Besitzer junger Rüden ihrer Zucht zu motivieren, diese – wenn sie diese erforderlichen Voraussetzungen erfüllen – für die Weiterzucht zur Verfügung zu stellen. Der Hintergrund dazu ist u.a. der traurige Umstand, dass die durchschnittliche Lebensdauer wie z. B. des Berner Sennenhundes nur mehr 7,1 Jahre beträgt.

Neue Herausforderungen

Jedenfalls steigen die Anforderungen an die Hundezucht, und diesen Aufgaben müssen sich die Züchter in Zukunft auch stellen! Von gesunden Hochleistungshunden ist heute oft auch unser Überleben abhängig, so wie in längst vergangenen Zeiten, wenngleich in ganz anderer Hinsicht. So müssen Hunde heute auf immer mehr Flughäfen, Bahnhöfen und anderswo verlässlich und unermüdlich Sprengstoffe anzeigen und viele andere hochwichtige Such- und Rettungsarbeiten durchführen. Aber auch der „gewöhnliche“ Familienhund muss heute enorm großem Stress standhalten und gesellschaftlichen Anforderungen an Anpassung und Verhalten entsprechen. Nur ein Hund mit bester genetischer Vielseitigkeit kann diese Voraussetzungen erfüllen. Solche Tiere zu züchten, erfordert züchterisches Fingerspitzengefühl, sowie auch das nötige Grundwissen in der Genetik. Aber – das Potenzial unserer Hunde, das in wissenschaftlich gestützter Zucht liegt, ist enorm